Der Künstler als Aktivist (DE)

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Interview mit John Ador Akoy, von Ana Taban

John Ador Akoy hat es weit gebracht – von einem verlassenen Kind im Flüchtlingscamp zu einem der führenden Aktivisten und Künstlern des Südsudan. Weitere Stationen seiner Lebensreise waren ein Gymnasium in Uganda und eine Universität in Kenia.

Heute ist Ador Akoy Autor, Schauspieler, Menschenrechtskämpfer, Personalmanager und Jugendaktivist im Südsudan. Eine seiner wichtigsten Aktivitäten ist die Koordination der Arbeit des südsudanesischen Künstlerkollektivs Ana Taban.

Frage:

John Ador Akoy hat es weit gebracht – von einem verlassenen Kind im Flüchtlingscamp zu einem der führenden Aktivisten und Künstlern des Südsudan.

John, haben Sie die harten Zeiten im Flüchtlingscamp  – alleine ohne Ihre Eltern – darauf vorbereitet oder sogar prädestiniert, Künstler oder Aktivist zu werden?

John Ador Akoy:

Einerseits gab mir der Überlebenskampf, den ich im Flüchtlingscamp führen musste, wertvolle Einblicke in die Wahrheiten des menschlichen Charakters. Anderseits raubten mir die harten Zeiten die Grundlagen für ein lebenswertes Leben. Das Leben in einem Flüchtlingslager führt zu unnötigem Leid und zu Kämpfen, die oft gravierende Persönlichkeitsstörungen hervorrufen. Mich machte das Leben im Flüchtlingscamp zum Dieb, weil ich damals im Diebstahl den einzigen Weg sah, an überlebenswichtige Dinge zu kommen.

Frage:

Poetry slams, Open mic nights, Skulpturenausstellungen, Musikvideos mit sozialen Botschaften: Ana Taban unterhält ein großes und atemberaubend abwechslungsreiches Angebot an Veranstaltungen und Aktivitäten. Wie gehen Sie dabei vor, Events für Ana Taban zu organisieren? Geschieht das alles spontan? Was motiviert Ihre Arbeit – die Sorge um den Südsudan und seine Bevölkerung?

John Ador Akoy:

Das Erste, was Sie wissen müssen: Es ist nicht einfach, eine öffentliche Veranstaltung im Südsudan abzuhalten. Und das liegt an der Anforderung, dass jedes Treffen von mehr als zehn Personen von den Sicherheitskräften genehmigt werden muss.

Sie fragen: Warum bieten wir bei Ana Taban eine solche Vielfalt an Veranstaltungen?

Ich gebe Ihnen die Antwort: Weil die Menschen im Südsudan gerne auf vielfältige Weise erreicht werden wollten. Es gibt ein Publikum für Poesie, für Drama, für bildende Kunst, für Mode und sogar für Comics.

Manche unserer Aktivitäten sind eher spontan. Konstant und konsequent ist hingegen unser fortwährendes Engagement für die Bewältigung von Krisen und den Beistand bei Sorgen der Südsudanesen, die wiederum häufig die Themen unserer Videos sind. Unser jüngstes Video „Black Tide“ betrifft die verheerende Ölvergiftung des Südsudan, die wir „den schweigsamen Killer“ nennen.

Frage: Warum haben Sie sich entschieden, “Black Tide” zu drehen?

John Ador Akoy:

Einer unserer Grundwerte lautet: “Wir stehen solidarisch mit unseren leidenden Brüdern und Schwestern”. Der Südsudan ist reich an Öl. Das könnte ein Segen sein. Der Grund, warum es das nicht ist: Es wird missbraucht. Und nichts Gutes kommt aus Missbrauch. Die für Öl zuständigen Ministerien und Institutionen müssen das Richtige tun. Sie müssen das Leben und die Gesundheit des Menschen an die erste Stelle setzen.

Der Grund, warum wir “Black Tide” produziert haben ist, dass die Umweltkrise in unserem Land jeden Tag schlimmer wird. Wir verlieren jeden Tag Menschenleben – und das in einem Land, das ohnehin schon so stark von Kriegen, Krankheiten und Not heimgesucht wird. Wir Südsudanesen müssen es schaffen, dieses Problem in den Griff zu bekommen – auch wenn es bedeutet, weniger Öl zu fördern. Das Wichtigste ist eine sauberere Umwelt zu schaffen. Denn das bedeutet eine gesündere Gesellschaft – und das ist es, was wir zuallererst und dringend brauchen.W

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